Frankie.

“Frankie”.

In dem winzigen Buchladen im Navarino Viertel in Thessaloniki ist es halbwegs kühl. Draußen schleichen die Menschen durch 40 Grad Hitze. Zwischen Karl Marx und Walter Benjamin steht Frankie, der eigentlich Georgious heißt.
Sein Gesicht wirft Lachfalten wie ein Bettvorleger; frisurentechnisch liegt er irgendwo zwischen Tingel Tangel Bob und meiner Tante Ingeborg Mitte der 80er. Frankies braune Augen blitzen während des Gesprächs fröhlich auf – bis ich das Wort ‘Krise’ einwerfe.
“Ich habe keine Lust, jeden Tag Nachrichten zu hören. Glaubt man den Medien, dann sind wir alle verloren. Auch wenn es nicht gut ist pflege ich meine Ignoranz.”
Die Buchhandlung “Kentri” – Wespe – führt vorwiegend Klassiker der Soziologie und politische Ideengeschichte. “Den Laden gibt es seit über 30 Jahren”, erklärt Frankie. “Ich arbeite hier fünf Tage in der Woche von 14 bis 22 Uhr. Seit der Krise verkaufe ich höchstens noch ein Drittel so viel wie früher. Unsere Stammkunden kommen auch weiterhin, kaufen aber nur noch ein, zwei Bücher pro Monat. Ich hoffe dass der Besitzer den Laden nicht schließen muss.” Seinen Spitznamen hat sich Georgious durch seine zweite Leidenschaft neben der Literatur verdient: Mit 12 hörte er zum ersten Mal Frank Zappa und war “erleuchtet”. Jeden Abend stellt er sich eine neue Mix-CD für den kommenden Arbeitstag im “Kentri” zusammen. Er sagt, die Menschen seien zum Teil regelrecht depressiv durch die täglichen Hiobsbotschaften aus Politik und Wirtschaft. An dieser Stelle verzieht Frankie das Gesicht als hätte er Gallensteine und schlurft mit hängenden Schultern zwischen den engstehenden Regalen hin und her. “Schrecklich. Ja, die Krise ist da. Ja, sie betrifft uns alle. Es wird immer schlimmer. Aber was hilft es, wenn wir alle depressiv werden?” Er habe keine Angst. “Es ist wichtig, den Mut nicht zu verlieren. Wenn wir alle nur noch deprimiert sind und traurig, dann hilft das auch niemandem. Ich habe meine Musik und meine Freunde. Das ist mir wichtig. An die Versprechen der Politiker glaube ich schon lange nicht mehr.” (sg)

Leave a comment